Das wandelnde Umweltbewusstsein der Industriestaaten, aber auch einiger Entwicklungsländer lassen den Treibhauseffekt und die damit verbundene globale Klimaerwärmung zu einem Hauptgegenstand der aktuellen Weltpolitik werden.
In Rio de Janeiro fand im Juni 1992 die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) statt. Eines der bedeutsamsten Ergebnisse der Rio Konferenz war das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Ziel der UNFCCC war es den fortschreitenden Treibhauseffekt gemeinsam zu bekämpfen und „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.“[1]
Am 21. März 1994 trat der Rahmenvertrag über Klimaänderungen in Kraft, welcher auch von der Europäischen Gemeinschaft ratifiziert wurde. Seit in Krafttreten des Rahmenvertrages fanden bis jetzt sechs Vertragsstaatenkonferenzen (engl.: Conferences of the Parties; COP) statt. Die erste Konferenz, COP-1, wurde 1995 in Berlin abgehalten. Hier wurde von den Vertragsstaaten festgestellt, dass die Bemühungen der Industrieländer (IL) ihre Emissionen auf das Niveau von 1990 bis zum Jahr 2000 zu verringern nicht ausreichen wird, um eine anthropogene, vom Menschen verursachte, Klimaerwärmung zu verhindern. Die Vertragsparteien beschlossen eine Pilotphase bis zum Jahr 2000 einzurichten unter dem Namen Activities Implemented Jointly (AIJ). Während dieser Pilotphase sollten erste Erfahrungen mit möglichen Kompensationsinstrumenten zur Emissionsverringerung gesammelt werden. Die ursprüngliche Idee einer gemeinsamen Kompensation von Emissionen auf internationaler Ebene wurde nach Kyoto weiterentwickelt und besteht nun aus mehreren Instrumenten, die als Kyoto Mechanismen in der Literatur bekannt sind. Die wohl grundlegendste Konferenz war die COP-3, die im Dezember 1997 im japanischen Kyoto stattfand. Kernpunkte waren eine „Verschärfung und Konkretisierung der Verpflichtungen der Industrieländer nach der Klimarahmenkonvention“[2]. Erste Ziele zur Reduktion und Vermeidung von Treibhausgasemissionen wurden festgeschrieben und die genannten Kyoto Mechanismen beschlossen. Im November 2000 fand in Den Haag die COP-6 statt. Die Erwartungen vieler Institutionen, Vereinigungen und Politiker bestanden in der Konkretisierung von Maßnahmen und Regelungen zu den Kyoto Mechanismen.
Ziel dieser Arbeit ist es einen Überblick über den Stand der aktuellen Diskussion über Regelungen und Maßnahmen auf internationaler, nationaler und EU Ebene zu vermitteln. Dies soll in Bezug auf die verschiedenen Zertifizierungsmöglichkeiten und den Handel mit Emissionsrechten geschehen. Aus bereits gemachten Erfahrungen mit AIJ-Projekten und den Anforderungen der Kompensationsinstrumente an Projekte soll ein Kriterienkatalog für mögliche Einsatzgebiete für die Lahmeyer International GmbH entwickelt werden. Darüber hinaus sind eigene Methoden und Verfahren zu entwerfen, um mit diesen eine genaue Erfassung der Emissionen und Berechnung der projektspezifischen Mehraufwendungen auf Grund der Emissionsreduktion vornehmen zu können. Anschließend erfolgt eine Überprüfung der Projekte der Lahmeyer International GmbH auf ihre Tauglichkeit zur Verwendung als Kyoto Mechanismen.
Unter dem Begriff Treibhauseffekt versteht man, dass kurzwellige, energiereiche Sonnenstrahlen zur Erdoberfläche gelangen. Diese werden dort in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt und von der Erdoberfläche wieder in die Stratosphäre abgestrahlt. Ein Teil dieser langwelligen Wärmestrahlen wird jedoch von den klimarelevanten Treibhausgasen zurückgehalten. Treibhausgase bzw. Spurengase sind Gase, die Infrarotstrahlung absorbieren. Die zurückgehaltenen Strahlen kehren zur Erdoberfläche zurück und erwärmen die Lufthülle. Die Wissenschaft unterscheidet nun zwischen dem natürlichen Treibhauseffekt und dem anthropogenen Treibhauseffekt.
Abbildung 1: Der Treibhauseffekt
Quelle: Südhessen Morgen, Der Treibhauseffekt
Der natürliche Treibhauseffekt erklärt sich dadurch, dass die Spurengashülle um die Erdatmosphäre eine wärmeisolierende Wirkung besitzt. Sie bewirkt, dass im Durchschnitt auf der Erdoberfläche eine Temperatur von 15 °C herrscht. Je nach Konstellation der Spurengase in der Gashülle entstehen auf der Erde verschiedene regionale Temperaturen. Dies bezeichnet man als den natürlichen Treibhauseffekt. Er ermöglicht das Leben auf unserem Planeten. Ohne ihn wäre die Durchschnittstemperatur ca. 30 °C niedriger.
Der anthropogene Treibhauseffekt lässt sich unter anderem auf einen erhöhten CO2-Ausstoss, verursacht durch den Menschen, zurückführen. Seit Beginn der Industrialisierung stieg der Einsatz fossiler Rohstoffe an. Ebenfalls veränderte sich die Nutzung des Bodens. Dadurch erhöhte „sich die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre um etwa 25%“[3] in den letzten 150 Jahren. Zusammen mit den Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) ist der Kohlendioxidausstoß (CO2) die Hauptursache für den vom Menschen verursachten anthropogenen Treibhauseffekt.
Dies hat zur Folge, dass sich das Klima der Erde kontinuierlich erwärmt. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) prognostizierte bei gleichbleibendem Emissionstrend einen globalen Temperaturanstieg von bis zu 1,5 °C für das Jahr 2030. Eine mögliche Erwärmung der Erdoberflächentemperatur ist mit weitreichende Konsequenzen für das Leben auf der Erde verbunden. Um eine Schädigung des ökologischen Gleichgewichts zu mindern, ist es notwendig die rückläufigen Treibhausgasemissionen derart einzuschränken, dass der anthropogene Treibhauseffekt nicht weiter verstärkt wird. Gleichermaßen muss die Zerstörung natürlicher Senken gestoppt werden.
Aus ökonomischer Sicht bildet sich auf jedem Markt ein effizientes Gleichgewicht, bei dem Grenzkosten und Grenznutzen für jeden Marktteilnehmer ein Optimum bilden. Der Grenznutzen und die Grenzkosten sind in diesem Punkt gleich. Eine Abweichung vom Gleichgewichtspunkt würde eine Verschlechterung für beide Marktteilnehmer bedeuten. Das effiziente Marktgleichgewicht tritt u.a. ein, da die Eigentums- und Nutzungsrechte an den zu handelnden Gütern klar definiert sind. Negative externe Effekte treten immer dann auf, wenn die Eigentums- und Nutzungsfrage nicht eindeutig geklärt ist. Hier kommt es nicht zu einem optimalen und effizienten Gleichgewicht. Übertragen auf das Klimaproblem bedeutet dies, „daß negative externe Effekte im Umweltbereich ursächlich dadurch hervorgerufen werden, daß Nutzungsrechte an den Umweltmedien bisher nicht zugewiesen worden sind.“[4] Um die negativen externen Effekte im Umweltbereich zu internalisieren[5], müssen Rechte zur Nutzung der Umwelt geschaffen werden. Nutzung bedeutet in diesem Fall das Verschmutzen der Umwelt. Das Nutzungsrecht muss daher einen genau festgelegten und begrenzten Umfang sowie einen zeitlichen Rahmen zur Nutzung beinhalten. Die Nutzungsrechte können nach Erwerb auf einem neu geschaffenen Markt gehandelt werden. Aus volkswirtschaftlicher Sicht bildet die Internalisierung externer Effekte und die damit verbundenen Sozialenkosten die Grundlage für umweltpolitische Maßnahmen.
Im Vergleich mit Abgabenmodellen und Steuerkonzepten, wie beispielsweise der Pigou-Steuer, ist das Zertifikatsmodell und der daraus resultierende Handel mit Emissionsrechten nach Auffassung vieler Ökonomen die zur Zeit beste Lösung des Klimaproblems. Auf einem liberalisierten Emissionsrechtemarkt werden nach Auffassung vieler Ökonomen am ehesten die unterschiedlichsten Interessen von Käufern und Verkäufern, aber auch die Interessen von Industriestaaten und Entwicklungsländern befriedigt.
Die Teilnehmer der COP-3 verpflichteten die in Anlage-B des Kyoto-Protokolls aufgeführten Staaten[6] „innerhalb des Verpflichtungszeitraums 2008 bis 2012 ihre Gesamtemissionen solcher Gase um mindestens 5 v.H. unter das Niveau von 1990 zu senken.“[7] In Anlage-A des Kyoto-Protokolls werden die sechs Treibhausgase (THG) genannt. Es sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Dickstoffoxid (N2O), Schwefelhexanfluorid (SF6) teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFC) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFC). Die landeseigenen Verringerungsraten der Treibhausgasausstöße sind in Anlage-B des Kyoto-Protokolls für jede Vertragspartei festgehalten zum Basisjahr 1990.[8]
Den Anlage-B-Staaten (Annex-I-Staaten) ist es in Artikel 6 des Kyoto-Protokolls gestattet, ihre Emissionsziele gemeinsam durch internationale Projekte untereinander zu realisieren in Form von Joint Implementations (JI). In Artikel 12 wird eine weitere Möglichkeit erläutert, die unter dem Namen Clean Development Mechansims (CDM) in der Literatur bekannt ist. CDM sieht vor, dass auch Projekte zwischen Industriestaaten (Annex-I-Staaten) und Entwicklungsländern (Nicht-Annex-I-Staaten)[9] zur Emissionsverringerung durchgeführt werden dürfen. Hieraus erwirtschaftete Emissionsreduktionen können unter den Projektpartnern aufgeteilt und auch gehandelt werden.
Darüber hinaus sieht das Kyoto-Protokoll die Bildung von Zielgemeinschaften (Bubbles) unter Artikel 4 zur gemeinsamen Emissionsreduzierung und die Anrechnung von Senken bei der Emissionsermittlung eine Staates vor. Zielgemeinschaften dürfen Annex-I-Staaten miteinander bilden.
Der ab 2008 geplante Handel von Emissionsverringerungseinheiten (EVE) ist durch Artikel 17 des Protokolls fundamentiert. Hier heißt es weiter: „Die Konferenz der Vertragsparteien legt die maßgeblichen Grundsätze, Modalitäten, Regeln und
Leitlinien, insbesondere für die Kontrolle, die Berichterstattung und die Rechenschaftslegung beim Handel mit Emissionen, fest.“[10] Einheitliche Richtlinien und Verordnungen müssen jedoch noch von den Vertragsparteien beschlossen und angenommen werden.
[1] Zitat: o.V. Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, S. 5, Art. 2
[2] Zitat: BROCKMANN, STRONZIK, BERGMANN, Emissionsrechtehandel – eine neue Perspektive für die deutsche Klimapolitik nach Kioto, S. 6
[3] Zitat: BRÄUER, KOPP, RÖSCH, Ökonomische Aspekte internationaler Klimapolitik, S. 3
[4] Zitat: SCHEELHAASE, Abgaben und Zertifikate als Instrumente zur CO2-Reduktion in der EG, S. 97, Anmerkung: Der US-amerikanische Ökonom Dales machte diese Überlegung bereits 1968 zum Ausgangspunkt seines Konzeptes zur Entwicklung eines Umweltzertifikatsmodell.
[5] Es wird versucht, über Preise die durch Umweltbelastungen entstehenden sozialen Kosten dem Verursacher zuzurechnen und zum Bestandteil seiner Kostenrechnung zu machen.
[6] Eine Liste aller Anlage-B-Staaten befindet sich in Anhang B.
[7] Zitat: o.V., Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, Art. 3, Abs. 1
[8] Die Anlage-B des Kyoto-Protokolls befindet sich in Anhang B.
[9] Eine Liste der Annex-I-Staaten befindet sich in Anhang C
[10] Zitat: o.V., Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, Art. 17